Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechtes | Fricke & Fricke | Erftstadt - Zülpich
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Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechtes

Die Reform trat am 01.01.2008 in Kraft. Die neuen Vorschriften gelten selbstverständlich für laufende Verfahren. Für „Altfälle“ sollen sie allerdings nur dann gelten, wenn es den Betroffenen unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in die einmal getroffene Regelung zumutbar ist.

Was ändert sich?

I. Geänderte Rangfolge

Die neu geregelte Rangfolge ist konsequent auf das Kindeswohl ausgerichtet. Im Gegensatz zu Erwachsenen können Kinder nicht selbst für ihren Unterhalt sorgen. Daher soll der Kindesunterhalt künftig vorrangig vor allen weiteren Unterhaltsansprüchen sein.

II. Unterhalt für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder

Die nicht verheiratete Mutter (der nicht verheiratete Vater) erhielt bisher nach der Geburt des Kindes bis zu 3 Jahre lang Betreuungsunterhalt. Danach musste sie (auch er) wieder arbeiten gehen, wenn dieses nicht „grob unbillig“ war.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 28.02.2007 die unterschiedliche Dauer von Unterhaltsansprüchen für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder für verfassungswidrig erklärt. Demzufolge haben nunmehr alle Mütter und Väter, die ihr Kind betreuen, zunächst für die Dauer von 3 Jahren nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Dieser Betreuungsunterhalt ist im Einzelfall zu verlängern, soweit und solange dieses der Billigkeit entspricht. Maßgeblich sind dabei die Belange des Kindes. Ab dem Alter von 3 Jahren – entsprechend dem Anspruch auf einen Kindergartenplatz – sind auch die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Damit ist der Betreuungsunterhalt, der im Interesse des Kindes geschuldet wird, einheitlich von gleicher Dauer.

Aus Gründen der nachehelichen Solidarität sieht das Gesetz für geschiedene Elternteile im Einzelfall vor, den Betreuungsunterhalt zusätzlich zu verlängern. Diese Verlängerungsmöglichkeit rechtfertigt sich allein aus dem in der Ehe gewachsenen Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.
In seiner ersten Entscheidung zum Thema „nachehelicher Betreuungsunterhalt“ nach dem neuen Unterhaltsrecht (§ 1570 BGB) hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.03.2009) die vorstehenden Grundsätze bestätigt. Er hat noch einmal hervorgehoben, dass der Ge-setzgeber dem betreuenden Elternteil die Entscheidung überlassen hat, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Ein gleichwohl während der ersten drei Lebensjahre erzieltes Einkommen ist damit nach Auffassung des Bundesgerichtshofes stets überobligatorisch. Der betreuende Elternteil kann deswegen in dieser Zeit auch schon eine bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er gleichwohl eigene Einkünfte, weil das Kind auf andere Weise betreut wird, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen allerdings nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen

III. Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung

Der Grundsatz der Eigenverantwortung ist im Gesetz ausdrücklich verankert. Bei der Frage, ab welchem Alter der Kinder der betreuende Ehegatte wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss, ist nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 18.03.2009 zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhaltes für die Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber einer anderen kindgerechten Betreuung aufgegeben hat. Ob und wie lange ein betreuender Elternteil arbeiten gehen muss, hängt von den Möglichkeiten der externen Versorgung ab, z. B. Kindergarten oder Hort. Ein abrupter Wechsel von der Kinderbetreuungszeit zur Voll-erwerbstätigkeit wird nicht verlangt. Der Bundesgerichtshof weist ausdrücklich darauf hin, dass eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes nicht mehr allein vom Kindesalter abhängig gemacht werden darf (Altersphasenmodell).

IV. Begrenzung und Befristung des Unterhalts

Das Gesetz lässt in weit aus größerem Umfang als bisher zu, sämtliche nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich zu befristen, der Höhe nach zu begrenzen oder Befristung und Begrenzung zu kombinieren. Wie lange Unterhalt zu gewähren ist, hängt entscheidend davon ab, in wie weit der Unterhaltsberechtigte „ehebedingte Nachteile“ erlitten hat. Zu fragen ist also, welche Erwerbstätigkeit der unterhaltsberechtigte Ehegatte vor der Eheschließung ausübte und wie sich sein beruflicher Werdegang ohne Eingehung der Ehe entwickelt hätte.

V. Formerfordernis

Unterhaltsvereinbarungen vor der Scheidung müssen notariell beurkundet werden, oder es ist ein gerichtlich protokollierter Vergleich zu schließen.

VI. Vereinfachung des Unterhaltsrechts

Das Kindesunterhaltsrecht wird vereinfacht durch die gesetzliche Definition eines einheitlichen Mindestunterhalts für minderjährige Kinder. Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder wird in Anlehnung an den steuerlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) gesetzlich definiert. Die Regelbetragsverordnung entfällt. Durch eine besondere Übergangsregelung wird sichergestellt, dass die heutigen Regelbeträge (West) durch den neuen Mindestunterhalt in keinem Fall unterschritten werden. Ist einem Kind Unterhalt aufgrund eines vollstreckbaren Titels oder einer Unterhaltsvereinbarung als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung zu leisten, gilt der Titel oder die Unterhaltsvereinbarung fort.

Die bisher komplizierte Verrechnung des Kindergeldes wird vereinfacht. Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs wie folgt zu verrechnen:

– zur Hälfte, wenn ein Elternteil das Kind betreut

– in vollem Umfang in den anderen Fällen

Beachten Sie bitte auch die neue Düsseldorfer Tabelle Stand 01.01.2019.

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